Enduro in Rumänien: Der Hotspot in Europa. Das erkennst du nicht zuletzt an der Anzahl der Enduroanbieter, die du in Rumänien findest. Durch die berühmte Hard-Enduro Rally „Red Bull Romaniacs“ verirren sich jedes Jahr viele Anfänger wie auch Profis in dieses Land und seine Berge rund um die Stadt Sibiu (Hermannstadt). Ich habe mir die Stadt und deren Umgebung im August 2020 selbst angeschaut. Nach 3 Tagen voller Wut, Hass, Muskelkater und maximaler Erschöpfung … bin ich begeistert.
Inhalt:
Anreise
Um Enduro in Rumänien zu genießen gibt es viele Direktverbindungen. Sowohl von deutschen als auch von österreichischen Flughäfen bist du in knapp 2 Stunden in Sibiu. Die Einreise erfolgte trotz aktueller Pandemie problemlos (zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Reisewarnung). Neben der klassischen Ausweiskontrolle gab es zusätzlich eine Krankenschwester (mit, wie ich vermute, Wärmebildkamera), welche vor der Ausweiskontrolle mit jedem Passagier ein Gespräch bezüglich einer möglichen Coronainfektion geführt (Zeitpunkt des Aufenthalts: August 2020).
Unterkunft & Umgebung
Die Stadt mit ihren fast 150.000 Einwohnern bietet Unterkünfte für jeden Geldbeutel. Mein Kumpel und ich teilten uns eine Unterkunft im Plaza 35 ApartHotel. Dieses war sauber und mit seinen zwei Klimaanlagen bei der aktuellen Hitzewelle ein Segen. Mit dem Auto waren wir in 5 Minuten in der Innenstadt. Am besten, du parkst am Hotel Continental Forum.
Viele große Unternehmen wie Thyssenkrupp, Siemens, aber auch Continental, sind in Sibiu vertreten. Es überraschte mich dennoch, wie viele Einheimische fließend Deutsch gesprochen haben. Sogar in den meisten Restaurants wird das Menü erst auf Rumänisch, in der nächsten Zeile auf Deutsch und in der Zeile drunter dann auf Englisch beschrieben. Englisch ist auch weit verbreitet, aber falls du einmal nicht weiter kommst, lohnt es sich zu fragen: „Sprechen Sie Deutsch?“.

Enduroanbieter
Ich bin über Google auf Enduro Point Sibiu gestoßen. Der Internetauftritt sah gut aus und der Kontakt ging problemlos über das Telefon. Hermann – unser Ansprechpartner und Guide bei Enduro Point Sibiu – nannte uns einen Preis von 250 Euro pro Fahrtag und Person. In den genannten Kosten waren keine Unterkunft und kein Essen enthalten.
Hermann kommt ursprünglich aus Süddeutschland und lebt seit 8 Jahren in Rumänien. Er holte uns kostenlos vom Flughafen ab. Noch besser war, dass er uns für unseren Aufenthalt ein Auto zur Verfügung stellte. Somit waren wir flexibel und keinen lästigen Preisverhandlungen mit Taxifahrern ausgesetzt.

Die Motorräder waren neue KTM 300 EXC TPI. Sie waren in einem sehr guten Zustand und für die Arbeit im Gelände bestens vorbereitet (ähnlich wie auf meinem Serbien-Trip). Die neuen 2-Takter werden über elektronische Profile/Settings eingestellt. Das Fahren ist nicht mit einer 2-Takt von vor 10 Jahren zu vergleichen. Es fährt sich wesentlich angenehmer, aber wenn gewünscht, kann sehr schnell die komplette Leistung abgerufen werden.
Schäden am Motorrad werden anhand der KTM-Preisliste am Ende der Tour abgerechnet, und du musst nur die Teile, nicht die Arbeitsstunden bezahlen. Falls du mit deinem eigenen Motorrad in Rumänien fahren willst, hat Hermann auch hierfür eine Lösung: Er bietet mit einem Partner einen Motorrad-Transport aus Deutschland und Österreich an.
Tour – Tag 1
Wir sind jeden Morgen gegen 10 Uhr bei strahlend blauem Himmel los-gefahren. Es ging über gepflasterte Straßen, von denen wir dann auf Feldwege abgebogen sind. Ziemlich schnell waren wir aus Sibiu raus und befanden uns am Waldrand, von wo aus wir die Berge erkundeten.
Enduro ist ein vertikaler Sport, und in Rumänien findest du viele vertikale Strecken. Die KTM bringt dich überall hin, wo du sie hinführst. Der Kampf war eher mit mir selbst und den Bergen. Es waren so viele Kämpfe, dass ich sie nicht zählen kann. Kupplung, Gas, Kupplung, Gas, Bremse, Gas, Gas und nochmal Gas – trotzdem landete ich auf dem blätterbedeckten Waldboden und die Maschine neben mir. Es machte mich wütend, zu sehen, wie oft ich an meine Grenzen gegangen bin und trotzdem nicht den Abschnitt ohne Sturz geschafft hatte. Die Wut hat weitere Kraft gekostet. Am ersten Tag waren wir gegen 17:30 wieder im Hotel und ich dachte, ich würde keinen zweiten Tag schaffen.

Tour – Tag 2-3
Unser Guide war eine gute Hilfe, da er immer wieder betont hatte, vor dem nächsten Anlauf eine Pause zu machen und die eingesetzte Technik zu überdenken. Der zweite Tag brach an, und gegen meinen inneren Schweinehundes stieg ich erneut auf das Motorrad, welches mir am Vortag so viele Stürze verziehen hatte. Am zweiten Fahrtag entschied ich mich, die GoPro aus Sicherheitsgründen nicht mehr zu tragen.
Es gab kein Umdrehen und oftmals auch keine Alternative. An jedem Vorsprung, Berg oder Abhang wurde gearbeitet, bis es klappte. Hermann forderte uns stets heraus und passte die Strecken an unser Fahrlevel an. Er zeigte uns jeden Tag neue Abschnitte, welche er komplett ohne GPS System navigierte. Es gab die unterschiedlichsten Strecken zu erkunden, die alle ihre eigenen Herausforderungen boten. Zwischen diesen Herausforderungen hatten wir wunderbare Aussichten auf die Natur, konnten an einer Quelle unser Trinkwasser auffüllen und nach Bären ausschau halten.

Der dritte Fahrtag endete leider früher als geplant, als mein Motorrad mehr Kraft hatte als ich und ich wieder einmal unfreiwillig eine Bodenprobe nahm. Nach dem Sturz ließ sich das Motorrad nicht mehr starten. Wir mussten also umdrehen und den Berg runter-rollen. Am Feldweg angekommen, wurde es dann professionell abgeschleppt (siehe Video).
Fazit: Enduro in Rumänien
Am ersten Fahrtag war Rumänien eher eine Endurohölle für mich. Ich musste erstmal warm werden und bin froh, so viel in so kurzer Zeit gelernt zu haben. Nicht zuletzt durch Hermann und Enduro Point Sibiu konnte ich die Endurohölle verlassen und kann nun sagen, dass der Trip nach Rumänien ein voller Erfolg war. Es lohnt sich sicherlich, wie wir ein verlängertes Wochenende für so ein Abenteuer zu nutzen. Das Land hat noch viel mehr zu bieten, wie beispielsweise die Panoramastraße Transalpina und das Eiserne Tor im Süden des Landes, weswegen es sich lohnt, wiederzukommen oder gleich länger zu bleiben.