Mit dem Motorrad durch Vietnam: Vorbereitung & Route

„So viel anders kann Vietnam im Vergleich zu Thailand schon nicht sein.“ Mit dieser Meinung stieg ich nach meiner Enduro-Tour durch Thailand in den Flieger von Chiang Mai nach Hanoi. Auf eigene Faust mit dem Motorrad durch Vietnam. Das war der Plan – die Details würden sich vor Ort ergeben. Vietnam ist ein Land, das oft in der Kritik steht, wenn es um Menschenrechte und Pressefreiheit geht. Trotzdem besuchten im Jahr 2019 über 18 Millionen Touristen das Land. Einer davon war ich.

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Mit dem Motorrad durch Vietnam im Vergleich mit Thailand

Natürlich sind die beiden Länder in vielen Aspekten unterschiedlich. Falls du aber von Thailand nach Vietnam fliegst oder dich zwischen Thailand und Vietnam entscheiden musst, dann beachte vor deiner nächsten Motorrad-Tour folgende Punkte:

  1. Visum: Für Vietnam brauchst du bei einem Aufenthalt, der länger als 15 Tage ist, ein vor der Einreise beantragtes Visum. Dieses kannst du online beantragen. In Thailand hingegen beträgt die Zeitspanne ohne Visum 30 Tage, und es ist auch möglich, den Aufenthalt im Land ohne Visum um weitere 30 Tage zu verlängern.
  2. Reisezeit: Vietnam liegt sowohl in der subtropischen als auch in der tropischen Klimazone. Das heißt, auch innerhalb des Landes schwanken das Wetter und die Temperaturen stark. Sie unterscheiden sich auch von den Temperaturen in Thailand. Während es dort im November über 15 Grad waren, hatte ich in Vietnam in der Nacht (im Dezember) 2 Grad.
  3. Verkehr: In beiden Ländern ist der Verkehr chaotisch. Der wichtigste Unterschied ist jedoch, dass in Thailand Linksverkehr herrscht und in Vietnam (so wie in Deutschland) Rechtsverkehr. In Vietnam gilt für alle Teilnehmer im Straßenverkehr (auch Fahrradfahrer) seit Anfang 2020 ein striktes Alkohollimit von 0 Promille. Strafe für Motorradfahrer bei Nichteinhaltung: 310 Euro.
  4. Religion: Wenn du schöne Tempel und große Feste sehen willst, dann flieg in das buddhistische Thailand. In Vietnam findest du diese und einige andere Religionen auch, jedoch beten hier noch viele zu ihren Vorfahren. Die in Vietnam gefeierten Feste sind für Touristen zudem weitaus uninteressanter als z. B. das Wasserfest (Songkran) und das Lichterfest (Loi Krathong) in Thailand.
  5. Trails: Die Landschaft ist in beiden Ländern fantastisch, und beide Länder sind sehr gut in Google Maps erfasst. In Vietnam würde ich aufgrund des Vietnamkriegs und der Schätzung, dass noch circa 800.000 Tonnen explosives Material (Bomben, Minen etc.) im Boden liegen, nicht außerhalb einer geführten Tour abseits der Straßen fahren.
Die Straßen in Vietnam waren (meistens) Traumhaft

Das Motorrad

Nach ein paar Tagen in der chaotischen Stadt Hanoi war aus meiner Idee, „mit dem Motorrad durch Vietnam“ zu fahren, immer noch kein konkreter Plan entstanden. Also entschloss ich mich, einen Großteil meines Gepäcks in Hanoi zu lassen, ein Motorrad zu mieten und einfach Richtung Norden loszufahren.

Die klassischen Roller wie Honda Wave oder Honda Airblade hatte ich bereits ausgeschlossen. Auch die Straßenmotorräder reizten mich nicht, da ich wusste, dass die Straßen im Norden in einem schlechten Zustand sind. Außerdem wollte ich gerne die Option haben, ein paar Pisten abseits der Hauptstraßen zu erkunden, ohne Angst wegen dem Zustand der Straßen haben zu müssen.

Es sollte eine Honda CRF250 werden. Nachdem ich relativ kurzfristig die einzelnen Vermieter angerufen hatte, stand fest, dass ich auf dieses Modell mindestens eine Woche warten müsste. Alle Motorräder waren verliehen oder nicht für die gewünschte Mietdauer verfügbar. Ich habe mich dann für eine Honda XR150 entschieden. Meine Schutzkleidung hatte ich noch aus Thailand dabei – bis auf die Stiefel. Bei einigen Händlern konnte ich die erforderliche Schutzkleidung nicht mieten, oder die passenden Größen waren nicht vorhanden. Als ich bei einem lokalen Vermieter nach Motorradstiefeln fragte, versicherte er mir, er habe ein Paar, welches er kostenlos verleihe. Er holte ein neues Paar grüne Gummistiefel aus einem Schuppen und erklärte, dass diese super zum Motorradfahren seien… Zum Glück fand ich schließlich doch noch ein Paar gebrauchte Motorradstiefel.

Ich entschied mich unfreiwillig für eine Honda XR150

Motorrad mieten oder kaufen?

Natürlich hätte ich auch eine Maschine zu Beginn des Trips kaufen und am Ende wiederverkaufen können. Aber dafür wäre ein größerer zeitlicher Puffer erforderlich gewesen, sowohl für den Kauf als auch für den Verkauf, und das hätte sich für mich nicht gelohnt. Außerdem hatte ich durch die Miete noch einen Übersetzer und einen Kontakt, der mir in schwierigen Situationen telefonisch helfen könnte. In meinem Thailand-Artikel habe ich zusätzlich die Frage „Geführte Tour oder mieten?“ behandelt.

Die Vorbereitung

Ersatzteile

Die Richtung stand fest, und das Motorrad sollte auch am nächsten Tag nach der Probefahrt einsatzbereit sein. Den Rest des Tages verbrachte ich mit der Vorbereitung. Ich vereinbarte mit dem Vermieter, dass er mir einige Ersatzteile mitgab. Diese umfassten neben ein paar extra Spanngurten auch zwei Schläuche für die Reifen, einen Kupplungshebel, einen Bremshebel, einen Bremszug, eine neue Kette sowie eine Flasche Kettenfett. Bis auf das Kettenfett und einen Bremshebel habe ich die Ersatzteile zum Glück nicht gebraucht und konnte sie am Schluss zurückgeben.

Auch wenn es viele kleine Werkstätten und sogar Honda-Werkstätten auf dem Weg gibt: Ersatzteile für alles, was größer als ein Roller ist, sind meistens nicht auf Lager. Das heißt, entweder kann das kaputte Teil vor Ort mit reichlich Erfindergeist repariert werden, oder du sitzt mindestens 1-2 Tage fest, weil du auf Ersatzteile wartest. Prüfe dein Motorrad auch auf eine vernünftige (!) Handyhalterung, falls du dieses zum Navigieren nutzt. Die Plastikhalterungen können schnell brechen und sind zumindest im Gelände unbrauchbar.

Erste Hilfe

Egal ob du alleine oder in einer Gruppe unterwegs bist: Besorge dir einen Verbandskasten oder zumindest Desinfektionsspray und ein paar Verbände. Ich hatte auf meiner Tour leider nichts dergleichen dabei und habe auch erst daran gedacht, als es zu spät war – als nämlich einer meiner neuen Mitfahrer, der sich mir auf meinem Weg angeschlossen hatte, auf einem verlassenen Hotelgelände aufgrund einer Liane stürzte. Zum Glück war der Schock größer als die Wunden am Becken, dennoch mussten sie vor der Weiterfahrt gesäubert und behandelt werden. Eine Einheimische sah sich das Spektakel an und kam aus dem Garten mit einer frisch geschnittenen Aloe Vera-Pflanze wieder.

Kleidung & Elektronik

Im Dezember ist es kalt! Falls du dir überlegst, im Dezember durch den Norden Vietnams zu fahren, dann pack lange Unterwäsche, dicke Socken und einen Pullover mit ein. Die Temperaturen gehen nachts bis auf 0 Grad runter. In keiner meiner Unterkünfte gab es eine Heizung. Meistens hatten die Unterkünfte nur eine nicht richtig isolierte Holzverkleidung. Auch mit drei Decken kann die Nacht ohne entsprechende Kleidung sehr lang und unglaublich kalt werden.

Trotz Unfall war die Stimmung dank der klasse Aussicht nicht im Keller

Zusätzlich habe ich mir aus Sicherheitsgründen und für die einfache Kommunikation eine SIM-Karte gekauft. Ich habe mich für Viettel entschieden, aufgrund der besten Netzabdeckung. Als Nächstes habe ich meinen Standort mit Hilfe von Google mit meiner Familie geteilt. Somit konnte sie fast in Echtzeit verfolgen, wo ich mich gerade befand.

Der Führerschein

In Vietnam benötigst du den klassischen, internationalen Führerschein, nach dem Abkommen vom 08. November 1968. In Thailand benötigst du den internationalen Führerschein gemäß dem Internationalen Abkommen über Kraftfahrzeugverkehr vom 24. April 1926. Erkundige dich also vorher, welchen Führerschein du benötigst.

Der Verkehr

Um mich an das, für uns ungewohnte, Verkehrschaos zu gewöhnen, und als Vorbereitung, um selbst aus Hanoi rausfahren zu können, nutzte ich Grab. Mit der Grab-App (ähnlich wie Uber oder eine Taxi-App) kannst du einen Fahrer buchen, der dich von Punkt A zu Punkt B fährt. Dabei wählst du das Transportmittel: eine bestimmte Fahrzeugklasse oder einen Roller. Ich entschied mich für den Roller und ließ mich einige Male durch die Stadt fahren. Dadurch konnte ich mir anschauen, wie sowohl der Fahrer als auch die anderen Verkehrsteilnehmer sich verhielten. Ich kam mit einem meiner Grab-Fahrer ins Gespräch. Er sagte mir, dass die Straßen von Hanoi zwar immer verstopft seien, ich aber trotzdem überlegen solle, wann ich am nächsten Tag die Stadt verlasse. Dabei gab es nach meinen Recherchen zwei Möglichkeiten:

  • 22–4 Uhr morgens: In der Nacht sind die Straßen wesentlich leerer und ich komme schneller aus der Stadt raus. Die Anzahl betrunkener oder Crystal Meth-abhängiger Fahrer auf der Straße wäre vermutlich dennoch höher. Außerdem bin ich mit meiner kleinen Maschine für die rücksichtslosen Fahrer der großen LKWs schwer zu sehen.
  • 11-13 Uhr: Viele Vietnamesen haben dann Mittagspause, und auch die LKW-Fahrer halten für ihre Pause an. Die Straßen sind zwar nicht wie leer gefegt, aber es ist wesentlich einfacher, vorwärts zu kommen.

Alle anderen Zeiten hätten meinen Trip aus der Stadt heraus nur verlängert. Ich war nun startklar, um mit dem Motorrad durch Vietnam zu reisen. Ich bin gegen 11:30 im Stadtkern von Hanoi gestartet und brauchte eine Stunde, um an den äußeren Rand der Stadt zu kommen. Auf dem Weg raus habe ich anhand einiger Straßenschilder gelernt, dass das Befahren einiger Superhighways für Motorräder und Roller verboten ist. Google verwendet trotzdem diese Routen, und ich hatte Mühe, nach den Verbotsschildern an den Straßen Ausschau zu halten. Die Polizisten ahnden Verstöße gegen dieses Verbot, und mir schien es so, als ob diese Regel sogar von den Einheimischen strikt eingehalten wurde.

Bei diesem Anblick war ich froh Hanoi verlassen zu haben

Die Route

Auf meiner Reise mit dem Motorrad durch Vietnam machte ich viele neue Bekanntschaften, und nach 2,5 Wochen kam ich wieder sicher in Hanoi an. Von Nordvietnam bis in den Süden bin ich nicht gefahren, weil in Zentralvietnam das Wetter besonders schlecht war und auch der Rücktransport meines Mietmotorrads zu teuer gewesen wäre. Erst am Ende meiner Tour konnte ich meine gefahrene Route anhand von Google ungefähr ermitteln:

Jeden Morgen oder auch jeden Abend wurde die jeweils nächste Etappe geplant. Mit dem Motorrad durch Vietnam: Dabei half natürlich Google Maps, aber auch die Kommunikation mit den Einheimischen oder anderen Backpackern war wichtig. So konnte ich erfahren, welche Straßen aktuell nicht befahrbar waren oder wo es vielleicht sogar noch eine Abkürzung gab. Bis auf einen Ruhetag am Ba Bể See habe ich im Schnitt 120 Kilometer pro Tag zurückgelegt.

Halong Bucht in der Abenddämmerung

Nach der Motorradtour bin ich noch 3 Tage auf einem Schiff durch die Halong-Bucht gefahren, eine von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannte, 1500 m² große Bucht im Norden Vietnams. Zum Abschluss ging es mit dem Flugzeug in den Süden, um mehr über die Kriegsgeschichte und Ho Chi Minh zu erfahren und das Mekong-Delta zu erkunden. Dies und andere Motorrad-Highlights sowie die entsprechenden Kosten und ein Fazit folgen in meinem nächsten Beitrag.

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